Bei den ÖBB bleibt die Menschlichkeit auf der Strecke

Menschlichkeit bleibt bei den ÖBB auf der Strecke | Foto: DerGloeckel.eu

Die 14jährige Schülerin Michaela D. (Name geändert) fährt täglich von Hainburg (NÖ) nach Wien mit der Schnellbahnlinie 7 zur Schule. Wie alle SchülerInnen verfügt sie über eine Jahreskarte des Verkehrsverbundes Ost-Region (VOR) für die immerhin 60.- € (öS 825.-) zu bezahlen waren. Nachdem die ÖBB beim Kauf nicht im Stande waren dieses Ticket im praktischen Kleinformat (Scheckkartenformat) auszustellen, muß es gefaltet und beispielsweise in der Geldbörse mitgeführt werden. Wie es jedem einmal passieren kann, vergaß Michaela ihre Jahreskarte zu Hause. Zu Ostern unternahm sie nämlich einen Ausflug und nun befand sich die Schülerjahreskarte anstatt in der Schultasche in der Sporttasche. Aufgefallen ist ihr das allerdings erst vor der Rückfahrt zu Mittag in Wien und daher kaufte sie sich vorsorglich für 5.- € einen Fahrschein am Bahnhof und bestieg damit den Zug.

Jahreskarte der ÖBB | Faksimile: DerGloeckel.euDiese Jahreskarte, die auch den Namen und das Geburtsdatum des Besitzers enthält, hat Michaela zu Hause vergessen

In der S7 zwischen Petronell und Bad Deutsch-Altenburg erschien am 3. April um 13:10 Uhr ein Kontrollor der ÖBB um die Fahrkarten zu überprüfen. Das Mädchen gab dem Kontrollorgan gegenüber an, ihr Top-Jugend-Ticket (= Schülerjahreskarte) nicht bei sich zu haben, weil sie Ostern bei der Mama verbrachte und es in der Sporttasche vergessen hat. Sie hätte aber extra einen Fahrschein am Bahnhof gekauft, den sie dem ÖBB-Bediensteten vorwies. Das gewissenhafte Organ stellte dann fest, daß der Fahrschein nicht entwertet wurde, worauf die Schülerin angab, daß sie dachte, daß er vom Zugbegleiter entwertet werden würde. Wer jetzt meinen würde, daß der ÖBB-Bedienstete Milde hätte walten lassen, den Fahrschein entwertete und ggf. das Mädchen zur Übersendung einer Kopie ihrer Jahreskarte aufforderte, der irrt.

VOR-Fahrkarte | Faksimile: DerGloeckel.euDiesen Fahrschein kaufte Michaela für 5.- € extra weil sie ihre Jahreskarte vergaß

So viel Spielraum wäre möglich gewesen, denn als Schwarzfahrerin kann man doch eine Inhaberin, die eine gültige Jahreskarte hat, doch nicht ansehen, sie wurde ja nur vergessen. Der Name von Jahreskarteninhabern ist EDV-mäßig erfaßt und wird beim Kauf auf die Jahreskarte aufgedruckt! Doch seinerseits kam nur die Frage, ob sie 60.- Euro bei sich hätte, was sie verneinte. Letztlich erfolgte die lapidare Aufforderung zur Ausweisleistung. Der Bedienstete der ÖBB ließ die Jugendliche die ganze Härte der Beförderungsrichtlinien spüren und verhängte eine Geldstrafe von 95.- € (öS 1.307,23). Ihr Taschengeld beträgt 5.- €/Woche (!). Die Tränen begannen zu fließen als sich der Kontrollor dem nächsten Fahrgast zuwandte …

Etwas mehr Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl würden wir von Kontrollorganen erwarten und etwas sorgsamere Personalauswahl durch das Personalmanagement der ÖBB, denn diese Vorgehensweise auch wenn sie nach Punkt und Beistrich den Beförderungsrichtlinien entsprechen, erachten wir als unmenschlich und verwerflich.

Der Strafbeleg der ÖBB | Faksimile: DerGloeckel.eu

In einer ersten Stellungnahme teilte die Konzernsprecherin der ÖBB, Frau Mag. Dr. Sarah Nettel mit „Das hätte so nicht laufen müssen.“ Die Mitarbeiterin des Feedbackmanagements der ÖBB bestätigt die Rechtmäßigkeit der Vorgangsweise ihres Mitarbeiters „Rein tariflich hat er recht“, ergänzt jedoch mit „menschlich hätte er es anders machen können.“ – wir pflichten diesen Aussagen bei.

Schreibe einen Kommentar