Das Nachrichtenmagazin profil informierte die Öffentlichkeit und Medien im Februar mit einer Vorausmeldung zu einer Reportage unter dem Titel „Neopolitiker Frank Stronach wurde 2003 wegen sexueller Belästigung geklagt“. Bereits dem Untertitel der OTS-Aussendung war zu entnehmen, wie das Verfahren ausging, da wie folgt geschrieben stand: „Das Verfahren endete mit einem Vergleich und einer Entschädigungszahlung“. Hier nun der vollständige Text der Aussendung der profil-Redaktion:
Wien (OTS) – Wie das Nachrichtenmagazin „profil“ in seiner Montag erscheinenden Ausgabe im Zuge einer Covergeschichte über Sexismus berichtet, musste sich Frank Stronach vor einem Jahrzehnt in Kanada, dem Stammsitz von Magna, wegen des Vorwurfs der sexuellen Belästigung verantworten. Eine Studentin, die im Magna Golf Club gejobbt hatte,strengte ein Gerichtsverfahren an, weil Stronach sie zu Tennis-Matches einlud und privat anrief. Ihr Anwalt begründete damals die Klage so: „Bei einem Verhältnis zwischen Chef und Mitarbeiter werden auch Handlungen verfolgbar, die ansonsten gesellschaftlich akzeptiert werden.“ Das Verfahren endete im Mai 2003 mit einem Vergleich und einer Entschädigungssumme. Stronachs Pressesprecher,von „profil“ befragt, will heute dazu nur mehr sagen: „Kein Kommentar. Das ist zehn Jahre her.“
Daß in der Vergangenheit von Menschen gegraben wird, die sich um ein politisches Mandat bewerben, ist bekannt; ebenso sollte der Durchschnittsbürger wissen, daß über dem großen Teich schon einiges als sexuelle Belästigung gilt, was hier noch nicht mal eine hochgezogene Augenbraue hervorrufen würde. Dies zeigt sich alleine schon dadurch, daß die angebliche „Tathandlung“ darin bestanden haben soll, daß Frank Stronach die Mitarbeiterin zu einem Tennis-Match eingeladen hat und privat anrief. Das reicht nach landesspezifischer Rechtssprechung offensichtlich schon aus, um den Vorwurf der „sexuellen Belästigung“ zu erheben. Der Anwalt der Studentin wurde mit folgender Aussage zitiert: „Bei einem Verhältnis zwischen Chef und Mitarbeiter werden auch Handlungen verfolgbar, die ansonsten gesellschaftlich akzeptiert werden.“ Die Wahrscheinlichkeit für Menschen, die derartige Vorwürfe erheben, rasch an Geld zu gelangen, ist groß, und Anwälte verdienen bekanntlich immer, unabhängig davon, ob ihr Mandant den Fall gewinnt oder verliert. Unangenehme Medienberichte, noch dazu bei Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, sind ein willkommenes Fressen für die Boulevardpresse.
Also, daraus einen Fall zu machen, der einerseits der Studentin das Börserl füllte und dann andererseits als „kleiner“ Skandal für Medien hierzulande aufbereitet wird, würde uns nicht zu einem Artikel zu dieser Thematik veranlassen. Worüber wir in der Presseaussendung allerdings stolperten, war die Reaktion des Pressesprechers von Frank Stronach. Rouven Ertlschweiger teilte profil nämlich auf deren Anfrage zu dem Ereignis wie folgt mit: „Kein Kommentar. Das ist zehn Jahre her.“
unterschiedliche Maßstäbe – Fehler in der Pressearbeit –
Stronach-Mitarbeiter Dr. Wehinger bestätigt
Da stellten wir uns schon die Frage, wie Stronach seinen Pressesprecher so instruieren kann, wenn er im Gegenzug im gegenwärtigen Wahlkampf Tag für Tag Erwin Pröll Themen wie beispielsweise die „Weltkugel“ vorwirft, die sich weit früher abgespielt haben. Das Projekt „Weltkugel“ wurde 1999, also Jahre vor der angeblichen sexuellen Belästigung begraben. Aus dem Gesamtbild betrachtet, war die Kommentierung und Vorgangsweise seiner PR-Berater ein gravierender Fehler, weil man sich einerseits auf den verstrichenen Zeitraum von 10 Jahren beruft und andererseits jetzt und hier Belange und Vorgänge thematisiert, die zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt abliefen. Hier dürften zwei unterschiedliche Maßstäbe angelegt worden sein. Was uns allerdings positiv überraschte, war die Feststellung, daß Dr. Stefan Wehinger, der Stronachs engsten Mitarbeiterstab in der Partei angehört, unsere Kritik teilt, wie er in einem persönlichen Gespräch am 12.2. mitteilte. Sich auf den verstrichenen Zeitraum von 10 Jahren zu berufen und keinen Kommentar abgeben zu wollen, war ein großer Fehler, angesichts der Umschläge von Frank, deren Vorgänge weit länger als 10 Jahre zurücklegen – dies hätte den PR-Beratern von Stronach nicht passieren dürfen.
→ Index: Team Stronach im Superwahljahr 2013