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Der Scooter: Entwicklung - Wirtschaft - ProduktvergleichAnfang der 90er Jahre lebte Wim Jan Ouboter am Stadtrand von Zürich. Sein Stammbeisl, von ihm selbst als "Imbissbude" bezeichnet, befand sich für den Fußweg etwas zu weit entfernt, doch für die Verwendung des Fahrrades oder des Automobils zu nah. Ouboter bezeichnete den Abstand zwischen seinem Wohnort und seinem Lieblingslokal als "Micro-Distanz" und bastelte in Folge an einem Tretroller, der mit Rädern von Inline-Skates versehen war. Bei den folgenden Ausfahrten heimste er sich das Gelächter nicht nur von Passanten, sondern auch gleich das seiner besten Freunde ein. Schnell verschwand der Prototyp wieder in der Garage. Etwa drei Jahre später entdeckten Kinder aus der Nachbarschaft dort das eigenwillige Gefährt und waren dann einige Monate tagtäglich damit unterwegs. Letztlich war dieses Ereignis und die Erfahrungen der begeisterten Kinder Ansporn für Ouboters Frau, ihn zu animieren, das Projekt der "Micro-Mobility" neu aufzunehmen. Heute begegnet uns das Resultat tagtäglich auf den Straßen und wird quer durch alle Gesellschaftsschichten und Altersgruppen verwendet. Der Scooter ist längstens salonfähig geworden. Das erste Patent meldete Ouboter 1997 an, bis zur Serienreife vergingen weitere 2 Jahre. Im Herbst des Jahres 1999 war es dann soweit, zwischen Markteinführung und Jahresabschluß erfolgte der Absatz von etwa 200.000 Exemplaren des "Micro-Scooters". 2000 schlug der Scooter dann regelrecht am Markt ein, weltweit wurden auch von Lizenznehmern des geschützten Produktes rund 4 Millionen Stück verkauft.
Doch wo viel Licht ist, ist bekanntlich auch viel Schatten. So entwickelten sich innerhalb von kürzester Zeit illegale Produktionsstätten im asiatischen Raum. In Fachkreisen schätzt man die Zahl derer auf etwa bis zu 700. Ganze Fabriken wurden kurzfristig angemietet und Tausende Billiglohn-Empfänger fanden so einen Arbeitsplatz, wo ohne Qualitätskriterien auch illegal Massenproduktionen am Fließband gefertigt wurden. Begriffe wie "Besitz" oder "Geistiges Eigentum" existieren in China nicht, wie Ouboter erklärt. Kopiert und mit unterschiedlichsten, auch fragwürdigen, Attributen versehen, tauchten plötzlich in allen möglichen Ländern und Geschäften Spottpreisangebote auf. Containerweise wurde beispielsweise in Hamburg Ware gelöscht und zu einem Einkaufspreis von etwa 8.- US $ pro Stück massenweise verscherbelt. Mit dem boomenden Scooter war rasch viel Geld zu verdienen. Qualitätsmängel, -kriterien und Ersatzteile uninteressant, Hauptsache billig, das ist die Devise des grauen Marktes. Das Resultat war der Markteinbruch für die Produzenten der Markenware in den Jahren 2001/2002. Aber auch Teile des Sportfachhandels, die ihren Kunden preisgünstigere Ware anbieten wollten und Scooter aus diesen Ecken der Welt bezogen, mußten feststellen, daß in Punkto Ersatzteile und Kundenreklamationen über diese Kanäle nichts zu holen und zu bewirken war und besannen sich auf den Umstand, daß unzufriedene Kunden durch Billigprodukte dann auch nicht zu halten sind, wenn die Qualität und der Kundenservice nicht den Erfordernissen (wie z.B. Ersatzteillieferungen) nachkommen kann. Ab Mitte 2003 stiegen wieder die Umsätze der Markenartikel, und Weiterentwicklungen des Scooters werden vorangetrieben und verstärkt. Das Jahr 2004 beinhaltet die breitgefächerte Produktpalette der Einstiegsgeräte bis hin zum Hi-Tech Gerät mit Scheibenbremsen. Welche Unterschiede zwischen den nach Richtlinien der entsprechenden gesetzlichen Normen gefertigten Scootern und den Billigartikeln bestehen, soll folgendes Beispiel aufzeigen. Beide Exemplare sind gebraucht und stammen aus demselben Erwerbsjahr: Im Direktvergleich der Bodenansicht wird bei dem Billigprodukt aus Asien die Fertigung der Elementverbindung sehr deutlich aufgezeigt. Das unten liegende Markenprodukt ist aus Aluminium gefertigt und geschweißt. Das oben liegende besteht aus minderwertigen Stahl. Mit drei Schrauben ist die untere mit der oberen Verbindungsplatte verschraubt, die nicht nur bereits Rost angesetzt hat, sondern auch durch die Belastungen bereits verbogen ist, (nur von Kindern) wie auf der nächsten Abbildung ersichtlich. Die Stabilität und folglich die Sicherheit ist bei der Lenkung somit nicht mehr gegeben. Die Folge der verbogenen Platte ist ein sich stetig vergrößerndes Spiel der Lenkstange und bewirkt ein nicht zu kontrollierendes Wackeln. Praktisch läßt sich dies mit einem Lenkrad eines Automobils vergleichen, wenn bei dessen Drehung keine unmittelbare Reaktion der Räder erfolgt. Ein zu großes Spiel kann die Abnahme der Kennzeichen zur Folge haben, da die Lenk- und Betriebssicherheit nicht mehr gegeben ist. Zu Beobachten ist zudem Rostbefall an unzähligen sensiblen Bereichen, die maßgeblich für die Funktionseigenschaften und Sicherheit des Scooters verantwortlich sind, wie hier die Schraubverbindungen der Lenkeinrichtung oder die Befestigung der Standfläche. Besonders einfallsreich war der Produzent dieses Modells und nahm die Integration eines Seitenständers vor, der seine Funktionstüchtigkeit jedoch innerhalb von ein paar Wochen einstellte. In der Praxis führte dies für den Benutzer, ein Kind, zum Sturz. Der Einfachheit halber erfolgte dann die zweifelhafte Fixierung mittels Klebeband. Wenn man berücksichtigt, daß Feuchtigkeit, Schmutz und Abschürfungen des Klebebandes jederzeit wieder zu einem unvermuteten Ausklappen des Metallbügels führen können, bleibt hier, um Unfällen vorzubeugen, nur noch die Entsorgung im Altmetallbehälter, um wenigstens einen nützlichen Kreislauf zu schließen. © Copyright DER GLÖCKEL - alle Rechte vorbehalten |
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