Nachrichtenmagazin DER GLÖCKEL

Vierte Niederlage von HOST EUROPE vor dem OLG München gegen DER GLÖCKEL

zur 1. Seite Ziffer I.2. des Tenors des Landgerichts Passau = Ziffer I.4. des Klageantrags (Bl. 2 d. A.)

Urteil des OLG München Gerichtsfall HOST EUROPE gegen DER GLÖCKELInsoweit ist die zulässige Berufung des Beklagten unbegründet. Der Klägerin steht insoweit gegen den Beklagten ein Unterlassungsanspruch aus entsprechender Anwendung von § 1004 Abs. 1, § 824 BGB zu. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass es sich bei dieser Äußerung um eine wahrheitswidrige, kreditgefährdende Tatsachenbehauptung im Sinn von § 824 Abs. 1 BGB handelt, mit der die Behauptung aufgestellt wurde, die Klägerin habe beim Kunden Berger die Sicherheit des von ihr betriebenen Servers nicht gewährleistet.

Da es auf die Erfassung des objektiven Sinns der Äußerung ankommt, ist entscheidend weder die subjektive Absicht des Beklagten noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung betroffenen Klägerin, sondern das Verständnis, das ihr unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs und der erkennbaren, den Sinn der Äußerung mitbestimmenden Begleitumstände ein unvoreingenommenes, verständiges, an computertechnischen Fragen interessiertes Publikum zumisst (vgl. BVerfG NJW 1995, 3303; 2003, 1303; BGH NJW 1996, 1131; 1998, 3047; 2006, 830/836). Gemessen an diesen Kriterien ist der gesamte letzte Absatz von Seite 2 des 2. Teils des streitgegenständlichen Artikels, in dem die Äußerung enthalten ist, als ein Gemisch von Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen zu verstehen. Dabei kann aber die Tatsachenbehauptung, die Klägerin habe beim Kunden Berger die Sicherheit des von ihr betriebenen Servers nicht gewährleistet, von den in dem Absatz auch enthaltenen Einschätzungen und Meinungsäußerungen des Beklagten ausreichend getrennt werden, so dass nicht die gesamte in diesem Absatz enthaltene Aussage als Meinungsäußerung zu behandeln ist.

Dabei ist, wie oben dargestellt, der Aufbau des gesamten Internetartikels zu berücksichtigen. Anders als bei der Äußerung Ziffer I. 1. des Tenors des Urteils des Landesgerichts Passau, handelt es sich vorliegend nicht um ein Zitat oder um den Teil eines Zitats oder um die Wiedergabe der Historie des Hackerangriffs und dessen Folgen. Vielmehr ist mit dem Zitat der Antwort der Pressestelle der Klägerin vom 14.8.2006, dem der streitgegenständliche Absatz folgt, der Bericht über den Geschehensablauf beendet. Der Absatz wird zwar mit dem Wort "damit" eingeleitet, oft ein Hinweis auf eine wertende Schlussfolgerung. Dann wird aber vom Beklagten dargelegt, dass sämtliche auch zum Zweck der Beweisführung gesicherte Dateien vorlägen. Dies versteht der maßgebliche Leser dahin, jetzt lägen diese Dateien vor und daraus folge, dass die Klägerin zu verantworten habe, dass die von ihr betriebenen Server nicht mit den notwendigen Sicherheitsstandards abgeschirmt worden seien. Aus Sicht des maßgeblichen Lesers bewegt sich der Beklagte aus der Sphäre des Meiners und Dafürhaltens weg und stellte eine dem Beweis zugängliche Behauptung auf, durch die gesicherten Dateien könne bewiesen werden könne (red. Anm.: 1:1-Abschrift), dass die Klägerin beim Kunden Berger die Sicherheit des von ihr betriebenen Servers nicht gewährleistet habe.

Die Behauptung und Verbreitung der Äußerung ist rechtswidrig. Die Klägerin hat mit ausreichender Sicherheit den Beweis der Unwahrheit geführt. Wie das Landgericht zutreffend ausführte, hat der Sachverständige Prof. Dr. Horst Kunhardt überzeugend dargelegt, dass Ursache für das Sicherheitsproblem nicht das von der Klägerin zur Verfügung gestellte Sicherheitssystem war, sondern dass der C99shell-Backdoor-Trojaner durch ein Sicherheitsloch des vom Kunden Berger eingesetzten Content Management Systems "Joomla" in der Version 1.0.10 auf den virtuellen Webserver gekommen ist. Dass ein neuer Sachverständiger über überlegene Forschungsmethoden und Erkenntnisse verfügt, wurde vom Beklagten nicht ausreichend dargetan. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, wie es dem Sachverständigen im Hinblick auf den Zeitablauf hätte möglich sein sollen, den konkreten Server zu dem behaupteten Sicherheitsproblem zu überprüfen.

Eine erneute Einvernahme der Zeugen war nicht erforderlich. Auch insoweit wird auf die zutreffende Beweiswürdigung des Landgerichts Bezug genommen. Wiederholungsgefahr ist gegeben.

2. Die zulässige Anschlussberufung der Klägerin war unbegründet.

Aus den oben unter II.1a) dargestellten Gründen steht der Klägerin ein Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1, §§ 826, 824, 823 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG analog nicht zu, da auch diese Äußerung - ebenfalls enthalten in dem Eigenzitat des Beklagten über seine Anfrage vom 14.8.2006 - eine zulässige Meinungsäußerung bezogen auf den 14.8.2006 darstellt. Der wertende Charakter kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass der Beklagte inhaltsleere, pauschale Verallgemeinerungen verwendet.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Weidenkaff - Vorsitzender Richter
Dr. Angerer - Richterin
Dr. Spangler - Richterin
am Oberlandesgericht

Richterin am Oberlandesgericht Dr. Angerer ist an der Unterschrift wegen Urlaubs verhindert.

Weidenkaff
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht

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